„YO NO SOY UN SANTO“ – ICH BIN KEIN HEILIGER

Dieser Band ist die Erzählung eines Überlebenskünstlers. Sein Name ist Ochoa Bernal, er ist heute 65 Jahre alt. Ochoas Leben gleicht einem Hollywood-Streifen: Aufgewachsen in einem Slum in der kolumbianischen Stadt Medellin, lernt er von seinem Vater das Trompete spielen, kommt zu Geld, einigem Ruhm, reist mit Orchestern durch Lateinamerika und spielt in der Hausband des legendären Drogenbarons Pablo Escobar. Es sind Goldene Zeiten für Ochoa, doch bald nach dem Aufstieg kündigt sich eine unheilvolle Zeit an: Der Drogenkrieg in Kolumbien beginnt, die Kartelle überziehen die Städte mit Terror, ganz Kolumbien lebt in Angst. Neben der Musik bestimmen wilde Feiern Ochoas Leben, der begnadete Musiker verfällt schließlich den Drogen, wird betrogen und betrügt. Er lässt Medellin hinter sich und zieht in die Hauptstadt Bogota, wohin ihn seine Laster begleiten, aber auch die Musik: Ochoa erfindet sich neu, er wird zum Mariachi. Die Mariachi-Kultur hat ihren Ursprung in Mexiko. Es sind Musikgruppen, die traditionelle Volksmusik interpretieren und bei festlichen Anlässen wie Hochzeiten, Geburtstagen oder Trauerfeiern spielen. In den 1960er Jahren kamen die ersten Gruppen aus Mexiko nach Bogota und brachten den kolumbianischen Musikern ihre Lieder bei. Berühmt wurden die Ensembles in Kolumbien wegen ihrem vielseitigen Spiel, aber auch durch ihre Extravaganz: Die Könige der Nacht haben auffällige Kostüme, tragen stets Weste, Jacket und oftmals den ikonischen, überdimensionierten Sombrero-Hut auf dem Kopf. Die Mariachis aus Bogota treffen sich an einer zwielichtigen Straßenkreuzung in Bogotas Stadtzentrum. „La Playa“, der Strand, nennen sie diesen Ort. Die Mariachi in ihren glitzernden Kostümen stehen hier im Kontrast zu den Grautönen des Asphalts ­– und sind doch fester Bestandteil dieses Biotops. Es ist gleichzeitig Arbeitsplatz und Treffpunkt für die Musiker, für Überlebenskünstler und Geschöpfe der Halbwelt. Eingerahmt von Tavernen, Cafés und Spielhallen „fischen“ sie hier nach Kunden, von denen sie nach einem kurzen Vorspielen meist direkt auf der Straße gebucht werden. Unser Protagonist hat hier über 20 Jahre seines Lebens verbracht, es ist sein Zuhause. Hier hat er geliebt und Freundschaften geschlossen, Freunde verloren und beinah auch sein Leben. Doch Ochoa ist nicht mehr wie früher. Er macht mit 65 Jahren seinen Universitätsabschluss, die Drogen hat er hinter sich gelassen, Exzesse und Alkohol versucht er zu meiden – mal mehr und mal weniger erfolgreich. „Ein geläuterter Mann, mit einer kleinen Schwäche für Schnaps“ beschreibt ihn ein alter Freund augenzwinkernd. Nur wenige, die so lange hier waren, schaffen es runter von der Straße. „Vorher sterben sie an Drogen, Alkohol oder gebrochenem Herzen“, sagt Ochoa. Doch er hat eine Chance, diesem Schicksal zu entgehen: Elsa. Auch ihr ist ein Teil dieses Bildbands gewidmet. Über eine Woche begleiteten der Fotograf Dan Trautwein und der Journalist Marc Pfitzenmeier Ochoa auf Schritt und Tritt und führten lange Gespräche mit ihm, seiner Partnerin Elsa, Familienangehörigen und alten Freunden. Fotos entstanden an „La Playa“, im Haus von Elsas Familie, bei Clubbesuchen und bei nächtlichen Streifzügen durch die Nacht. Dieses Buch ist ihnen gewidmet, in tiefer Dankbarkeit für ihre Freundschaft und das Vertrauen in zwei neugierige Gringos. Text von Marc Pfitzenmeier. (Bogota, Columbia, 2018)

``Yo no soy un santo`` - Ich bin kein Heiliger

Dieser Band ist die Erzählung eines Überlebenskünstlers. Sein Name ist Ochoa Bernal, er ist heute 65 Jahre alt. Ochoas Leben gleicht einem Hollywood-Streifen: Aufgewachsen in einem Slum in der kolumbianischen Stadt Medellin, lernt er von seinem Vater das Trompete spielen, kommt zu Geld, einigem Ruhm, reist mit Orchestern durch Lateinamerika und spielt in der Hausband des legendären Drogenbarons Pablo Escobar. Es sind Goldene Zeiten für Ochoa, doch bald nach dem Aufstieg kündigt sich eine unheilvolle Zeit an: Der Drogenkrieg in Kolumbien beginnt, die Kartelle überziehen die Städte mit Terror, ganz Kolumbien lebt in Angst. Neben der Musik bestimmen wilde Feiern Ochoas Leben, der begnadete Musiker verfällt schließlich den Drogen, wird betrogen und betrügt. Er lässt Medellin hinter sich und zieht in die Hauptstadt Bogota, wohin ihn seine Laster begleiten, aber auch die Musik: Ochoa erfindet sich neu, er wird zum Mariachi. Die Mariachi-Kultur hat ihren Ursprung in Mexiko. Es sind Musikgruppen, die traditionelle Volksmusik interpretieren und bei festlichen Anlässen wie Hochzeiten, Geburtstagen oder Trauerfeiern spielen. In den 1960er Jahren kamen die ersten Gruppen aus Mexiko nach Bogota und brachten den kolumbianischen Musikern ihre Lieder bei. Berühmt wurden die Ensembles in Kolumbien wegen ihrem vielseitigen Spiel, aber auch durch ihre Extravaganz: Die Könige der Nacht haben auffällige Kostüme, tragen stets Weste, Jacket und oftmals den ikonischen, überdimensionierten Sombrero-Hut auf dem Kopf. Die Mariachis aus Bogota treffen sich an einer zwielichtigen Straßenkreuzung in Bogotas Stadtzentrum. „La Playa“, der Strand, nennen sie diesen Ort. Die Mariachi in ihren glitzernden Kostümen stehen hier im Kontrast zu den Grautönen des Asphalts ­– und sind doch fester Bestandteil dieses Biotops. Es ist gleichzeitig Arbeitsplatz und Treffpunkt für die Musiker, für Überlebenskünstler und Geschöpfe der Halbwelt. Eingerahmt von Tavernen, Cafés und Spielhallen „fischen“ sie hier nach Kunden, von denen sie nach einem kurzen Vorspielen meist direkt auf der Straße gebucht werden. Unser Protagonist hat hier über 20 Jahre seines Lebens verbracht, es ist sein Zuhause. Hier hat er geliebt und Freundschaften geschlossen, Freunde verloren und beinah auch sein Leben. Doch Ochoa ist nicht mehr wie früher. Er macht mit 65 Jahren seinen Universitätsabschluss, die Drogen hat er hinter sich gelassen, Exzesse und Alkohol versucht er zu meiden – mal mehr und mal weniger erfolgreich. „Ein geläuterter Mann, mit einer kleinen Schwäche für Schnaps“ beschreibt ihn ein alter Freund augenzwinkernd. Nur wenige, die so lange hier waren, schaffen es runter von der Straße. „Vorher sterben sie an Drogen, Alkohol oder gebrochenem Herzen“, sagt Ochoa. Doch er hat eine Chance, diesem Schicksal zu entgehen: Elsa. Auch ihr ist ein Teil dieses Bildbands gewidmet. Über eine Woche begleiteten der Fotograf Dan Trautwein und der Journalist Marc Pfitzenmeier Ochoa auf Schritt und Tritt und führten lange Gespräche mit ihm, seiner Partnerin Elsa, Familienangehörigen und alten Freunden. Fotos entstanden an „La Playa“, im Haus von Elsas Familie, bei Clubbesuchen und bei nächtlichen Streifzügen durch die Nacht. Dieses Buch ist ihnen gewidmet, in tiefer Dankbarkeit für ihre Freundschaft und das Vertrauen in zwei neugierige Gringos. Text von Marc Pfitzenmeier. (Bogota, Columbia, 2018)

Yo no soy un santo

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